Wer war eigentlich Joseph DuMont?

Der Artikel machte die ungeheuerste Sensation: Wennschon jedermann JDM Film Button [die Worte] etwas kühn und scharf fand, so musste man doch auch anerkennen, dass sie wahr seien, das war die Hauptsache!“

– aus einem Brief Joseph DuMonts an seine Tochter (1851)

 

Dass Joseph DuMont ein Zeitungsverleger in der Zeit zwischen 1831 und 1861 war, wissen viele Kölner. Doch wie war er dazu gekommen und was macht ihn historisch so bedeutend? Die Zeitungsartikel aus dem Archiv des Verlagshauses zeichnen folgendes Bild von ihm, seiner Zeit und seinem Wirken*:

Karl Joseph Daniel DuMont wurde am 21. Juli 1811 in Köln geboren und seine Geburt fiel somit in die Zeit der französischen Besatzung Deutschlands.

Auf Wunsch seines Vaters, Marcus DuMont, begann Joseph DuMont eine Buchhändlerlehre in Leipzig und ging zur Weiterbildung in diesem Berufszweig nach Regensburg. Als er gerade einmal 20 Jahre alt war, starb sein Vater plötzlich. Joseph kehrte sofort nach Köln zurück, um dessen Geschäfte zu übernehmen. Er tat dies in Zusammenarbeit mit seiner Mutter, welche bis 1844 die eigentliche Inhaberin blieb, und wandte sich insbesondere der Druckerei und der „Kölnischen Zeitung“ zu.

Eine Kaufmannsfamilie aus Belgien

Seine Familie väterlicherseits war im 18. Jahrhundert, im Jahr 1738, aus Belgien nach Köln eingewandert. Während sein Urgroßvater Heinrich Joseph DuMont hier zunächst einen Tabakhandel begann, erlangten seine direkten Nachfahren schon bald einflussreiche Positionen als Ratsmitglieder und Bürgermeister. Es war schließlich Heinrich DuMonts Enkel und Josephs Vater, Marcus DuMont, der die verlegerische Tradition begründete. Dieser über-nahm aus der Familie seiner Ehefrau Katharina Schauberg eine kleine Verlagsbuchhandlung, eine Druckerei und die noch bescheidene „Kölnische Zeitung“.

Ursprung der Zeitung liegt im 16. Jahrhundert

Die „Kölnische Zeitung“ hatte ihren Anfang 1588 als lose Nachrichtenblätter zu den Kölner Handelsmessen genommen. Im Jahr 1802 war das Blatt in das Eigentum der Familie Schau-berg übergegangen, ehe Marcus DuMont es drei Jahre später durch seine Heirat und mit einer Zahlung von 1400 Reichstalern übernommen hatte. Napoleon hatte dann das Erscheinen der Zeitung im Jahr 1809 verboten, doch bereits 2 Tage nach dem Ende der Fremdherrschaft war sie 1814 erneut erschienen. Inhaltlich war sie ein katholisch ausgerichtetes, kölnisches Lokal-blatt, doch dies sollte sich bald ändern: Joseph DuMont erhob die Zeitung zu einem „Weltblatt“ der gesamt-deutschen Angelegenheiten.

Innovationsgeist und technischer Fortschritt

Als eine seiner ersten Amtshandlungen in der Nachfolge seines Vaters kaufte Joseph DuMont 1833 eine eiserne Schnellpresse, Modell Koenig und Bauer, welche die vorherigen 10 (ein anderer Zeitungsartikel sagt nur 3) hölzernen Handpressen ersetzte. Für den Druck der 3300 Zeitungen brauchte man jetzt nur noch 4 statt 12 Stunden. Dies war eine unglaubliche Geschwindigkeitsbeschleunigung und ein Luxus, den sich vor ihm noch kein deutscher Zeitungs-verleger geleistet hatte. Doch damit endete sein Innovationsgeist nicht. Sowohl technisch als inhaltlich strebte Joseph DuMont nach oben.

Reitende Boten und Brieftauben

Da die Eisenbahnen für seine Ziele noch zu langsam fuhren und auch noch längst nicht überall, musste er die Informationsgewinnung und -verbreitung auf anderen Wegen beschleunigen. Es klingt in unseren heutigen Ohren seltsam, aber ihm gelang dies mit folgenden Mitteln: Zwischen Köln und London richtete er eine eigene sogenannte Stafettenlinie reitender Postillone ein, um aus London die „Times“ zu beziehen. Diese übersetzte er und druckte sie dann einfach ab, denn Deutschland hinkte infolge seiner politischen Wirren zeitungspolitisch hinterher.

Er baute sich daher ein breitgefächertes Korrespondentennetz auf, wodurch ihn aus weiten Teilen der Welt die aktuellen Ereignisse zuerst erreichten. Neuigkeiten von der Börse ließ er aus Paris mit Brieftauben einfliegen, für Nachrichten aus dem Süden nutzte er den Rhein-dampfer.

Neue Rubriken

Auch inhaltlich orientierte Joseph DuMont sich an englischen und französischen Vorbildern. So führte er als einer der ersten deutschen Zeitungsverleger das Feuilleton um 1838 ein (je nach Zeitungsausschnitt variiert das Datum zwischen 1837 und 1838). Dessen Leitung über-trug er keinem Geringeren als Levin Schücking, dem Schriftsteller und Freund der bedeutenden Schriftstellerin Annette von Droste-Hülshoff. Dem Feuilleton folgte die Einführung des Leit-artikels sowie des Zeitungsromans.

Privat wie beruflich verkehrte er in einem Kreis von Schriftstellern, der sich um den Lyriker Ferdinand Freiligrath gruppierte. Er und seine Frau Juliane Kock, welche er 1831 geheiratet hatte, führten in ihrem gastfreundlichen Haus eine Art literarischen Salon. Für seine Zeitung engagierte er Autoren wie Karl Andree, Heinrich Brüggemann und Heinrich Kruse.

Doch die Zeitung stand von Anfang an unter der amtlichen preußischen Pressezensur bis zur Verkündung der (später wieder eingeschränkten) Pressefreiheit im Jahr 1848. Joseph DuMont führte einen andauernden, gemäßigten Kampf gegen diese Zensur und um die Stellung der Presse als unabhängige Kulturträgerin und Informationsmacht.

Religion, Revolution und Reform

Obwohl er eine liberale preußisch-monarchistische Gesinnung vertrat und sich als loyaler preußischer Staatsbürger verstand, war er zugleich strenger Katholik, während Preußen evangelisch war. Und als er im Revolutionsjahr 1848 den preußischen Adler aus dem Kopf der Kölnischen Zeitung nahm, wurde dies als Provokation gegen den preußischen Staat verstanden. Joseph DuMont sagte dazu: „Die Kölnische Zeitung ist nie systematisch oppositionell gewesen, sie hat stets die wahren Volksrechte zu schützen gesucht.

Daher widmete sich seine Zeitung auch der sozialen Frage, die damals als „Pauperismus“ bezeichnet wurde und berichtete unter anderem über den Schlesischen Weberaufstand im Jahr 1844: die erste Phase der Industrialisierung in Deutschland hatte zu Massenarbeitslosigkeit und Massenelend geführt und in Köln war fast die Hälfte der Einwohner unterstützungsbedürftig. Außerdem veröffentlichte er eine Reihe sozialreformerischer Aufsätze. Sein erklärtes Ziel war es, ein möglichst unparteiisches Bild der politischen Verhältnisse zu geben; „gleich weit entfernt vom französischen Liberalismus und vom russischen Absolutismus“.

Darüber hinaus vertrat seine Zeitung die Meinung, dass eine Emanzipation der Katholiken in Preußen nur im Zusammenhang einer Emanzipation aller Konfessionen geschehen könne. DuMont fand, dass eine Zeitung „nicht der Ort ist zum Streit mit Andersdenkenden, [sondern] dass eine Zeitung so gehalten sein muss, dass der Katholik, Protestant, Jude usw., jeder sie lesen könne“.

„Majestätsbeleidigung“

Diese Art des Freidenkens und der Unparteilichkeit gefiel weder den religiösen Konservativen noch der Preußischen Regierung. 1851 wurde er wegen „Majestätsbeleidigung“ in einem der Zeitungsartikel unter Anklage gestellt, ihm drohten 18 Monate Gefängnis. In dem Artikel waren Mitglieder des Königshauses und der preußischen Regierung als „Maulhelden und Individuen

bezeichnet worden. Nach vier Stunden vor Gericht wurde DuMont von den Geschworenen freigesprochen und das begeisterte Publikum feierte dies als Sieg der Pressefreiheit.

Zu diesem Ereignis äußerte sich Joseph DuMont in einem Brief an seine Tochter Christine vom 14.01.1851 folgendermaßen:

Wir hofften, die Regierung von ihrem falschen Pfade abzubringen, indem wir ein festes, ernstes Wort zu ihr in der Zeitung redeten und den Ministern […] dass sie eine unredliche, unwahrhaftige Politik treiben, kein Vertrauen genössen und kein Vertrauen verdienten. Nebenbei waren auch einige scharfe Worte über den König gefallen. Der Artikel machte die ungeheuerste Sensation: Wennschon jedermann sie etwas kühn und scharf fand, so musste man doch auch anerkennen, dass sie wahr seien, das war die Hauptsache! –

Kaum von Brüssel zurück, kam von Berlin der Auftrag an die hiesigen Gerichte, mir den Prozess zu machen wegen Beleidigung und Verleumdung der Minister und Verletzung der Ehrfurcht gegen den König. […] Ganz Deutschland, ja selbst im nächsten Ausland geriet man in Erstaunen, die Presse derart verfolgt zu sehen, dass selbst die in aller Welt als durchaus besonnen und ruhig anerkannte Kölnische Zeitung vor die Geschworenen gewiesen wurde. Ich war sehr ruhig über die Sache, da ich mir des Rechts bewusst war und keinen schlimmen Ausgang denkbar fand, wenn noch irgend Gerechtigkeit unter der Sonne bestehe. Es galt einer unendlich wichtigeren Frage, woher man sich denn auch so gewaltig für den Prozess interessierte. Wurde ich verurteilt, so war der Stab über die Presse gebrochen und das bisschen Freiheit am Ende. Wurde ich freigesprochen, so war der Stab über die Regierung gebrochen. Zwölf Männer erkannten auf ihr Gewissen und ihren Eid, dass meine Behauptungen begründet waren. Das Ministerium musste abtreten, wenn ihm auch nur ein Fünkchen von Ehrgefühl innewohnte.

Am letzten Freitag, 10. Januar, kam die Sache zur Verhandlung. Der Assisensaal war überfüllt ... und sogar mit dem gewähltesten Publikum der Stadt. Wie ruhig ich über die Sache war, mag Dir am besten beweisen, dass ich die letzte Nacht vorher acht Stunden ununterbrochen ruhig geschlafen hatte. Daher fühlte ich mich dann auch so gekräftigt und gar nicht … , dass ich selbst eine kurze Rede hielt mit fester, starker Stimme, recht gut, wie alle meine Freunde sagen. […] Nach mir sprach mein Verteidiger ... in anderthalbstündiger, meisterhafter Rede, die alle hinriss, und nach einer Verhandlung von kaum vier (?) Stunden sprachen die Geschworenen einstimmig ein Nichtschuldig über mich aus, zum großen Jubel der Anwesenden und der ganzen Stadt.

Mit diesem Sieg war der Kampf gegen die Zensur und Unterdrückung seiner Zeitung nicht abgeschlossen. Die Obrigkeit drohte ihm weiterhin mit Enteignung und Zwangsschließung, ohne dies jedoch zu seinen Lebzeiten durchzusetzen.

In Verbindung mit seinen verlegerischen Tätigkeiten hatte DuMont noch zahlreiche weitere Interessen und war Mitglied im Dombauverein, im Kunstverein, im Gemeinderat, im Gewerbeverein und der Handelskammer. Außerdem war er aktiv in der Kölner Karnevalskultur.

Er starb 1861 mit erst 49 Jahren an einer Lungenentzündung.

Heute

Obwohl die „Kölnische Zeitung“ mit Beginn des zweiten Weltkrieges verboten und danach nicht wieder neu aufgelegt wurde, führen seine Nachfahren noch immer die Verlegertätigkeit fort. Die jetzige Verlegerfamilie Neven DuMont und Schütte verlegt den Kölner Stadt-Anzeiger und den Express. Und sie bezahlte die Summe von 20.000 D-Mark, die die Skulptur auf dem Rathaus gekostet hat.

 

* Anmerkung der Verfasserin: In diesem Text habe ich hier und da einzelne Sätze oder Satzteile wort-getreu den verschiedenen Zeitungsartikeln entnommen, ohne diese als Zitate auszuweisen. Da dies keine wissenschaftliche Abhandlung ist, bitte ich den geneigten Leser darum, dies zu entschuldigen. Die Lorbeeren gebühren ganz vornehmlich den Autoren der hier zusammengefassten, im Kölner Neven DuMont Haus archivierten Zeitungsartikel.